Ein Ehegatte kann die Scheidung wegen Verschuldens verlangen (auf Scheidung klagen), wenn der andere Ehegatte durch eine schwere Eheverfehlung oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, dass die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.
Dabei ist eine ausführliche Beratung bei einem spezialisierten Anwalt im Vorfeld einer Scheidungsklage dringend zu empfehlen, da die Vorhersage über das Ergebnis eines strittigen Scheidungsverfahrens in der Praxis äußerst schwierig ist. Viel hängt davon ab, wie geschickt die Parteien aussagen und kann eine gute Vorbereitung über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Aus welchen Gründen kann eine Ehe geschieden werden? Hier eine Übersicht:
Eheverfehlungen sind Handlungen oder Unterlassungen des Ehegatten, die grob gegen das Wesen der Ehe verstoßen. Eine objektive Eheverfehlung muss aber auch vom Betroffenen subjektiv als so verletzend empfunden werden, dass dadurch eine Zerrüttung der Ehe erfolgt. Vor Gericht wird eine Verfehlung dann als schwer bezeichnet, wenn sie „im Allgemeinen und objektiv in den Lebenskreisen und Berufskreisen der Gatten bei einem selbst mit rechter ehelicher Gesinnung erfüllten und daher auch zur Nachsicht bereiten Ehegatten eine völlige Entfremdung herbeiführen würde“. Es kommt daher immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Wesens der jeweiligen Ehe an und ist auch aus diesem Grund eine ausführliche Beratung unumgänglich.
In weitere Folge werden einige konkrete Eheverfehlungen dargestellt:
Als Ehebruch wird die Vollziehung des Beischlafs mit einer anderen Person verstanden. Andere sexuelle Handlungen können als Verletzung der Treuepflicht ebenfalls schwere Eheverfehlungen sein. Wie oben beschrieben kommt es aber immer darauf an, ob und inwieweit etwa der Ehebruch zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat und welches Gewicht ihm im Vergleich zu allfälligen Eheverfehlungen des anderen Ehepartners zukommt.
Die Zufügung körperlicher Gewalt ist im Gesetz explizit als schwere Eheverfehlung angeführt und es „reicht“ eine einmalige Eskalation. Bei der Zufügung von schweren seelischen Leids verlangt der Gesetzgeber eine gewisse Intensität der psychischen Beeinträchtigung, etwa durch wiederholte Beschimpfungen, Psychoterror oder lang andauernde, gezielte Ausübung von psychischem Druck.
Die Verletzung der Pflicht zum gemeinsamen Wohnen durch die nicht gerechtfertigte Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft wird als Eheverfehlung gewertet.
Achtung: Besondere Vorsicht ist daher geboten, wenn die gemeinsame Ehewohnung (etwa nach einem heftigen Streit) verlassen wird. Bei einem anschließenden Scheidungsverfahren könnte hervorkommen, dass die Ehe zu diesem (Auszugs-) Zeitpunkt zwar zerrüttet, aber noch nicht unheilbar zerrüttet gewesen ist. Die unheilbare Zerrüttung könnte dann erst mit dem Auszug eingetreten sein und hätte dies zur Folge, dass das Verschulden am Eintritt der unheilbaren Zerrüttung den ausziehenden Ehegatten trifft.
Vor einem Auszug sollte daher unbedingt Rechtsberatung in Anspruch genommen werden!
Gegen die Verpflichtung zur anständigen Begegnung verstößt etwa der Ehegatte, der den anderen wiederholt grundlos beschimpft oder diesen durch beharrliches Schweigen über mehrere Tage „bestraft“.
Die Treuepflicht verlangt, alles zu unterlassen, was (auch nur) geeignet ist, einen objektiv begründeten Schein ehewidriger Beziehungen zu erwecken. Also auch ohne tatsächlich einen Ehebruch zu begehen, kann ein Verhalten, dass von anderen als ehewidrig gedeutet werden könnte (etwa ein Candle Light Dinner mit dem Arbeitskollegen) einen Verstoß gegen die Treuepflicht darstellen und unter Umständen ein Scheidungsverfahren nach sich ziehen. Ein freundschaftlicher, jedoch harmloser Umgang mit einer Person des anderen Geschlechtes stellt hingegen keine Verletzung der ehelichen Treuepflicht dar, wenn er sich „im Rahmen der Sitte und des Anstandes hält“.
Auch die Mitteilung intimer Vorgänge des Ehelebens und der Sexualsphäre an dritte Personen kann einen Verstoß gegen die Treuepflicht bilden.
Eine Verletzung der Treuepflicht kann aber auch durch eine ständige, unbegründete Eifersucht stattfinden.
Die Verweigerung des ehelichen Geschlechtsverkehrs kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur Geschlechtsgemeinschaft bilden. Jedoch nur dann, wenn sie beharrlich, also trotz "Aufforderung" und grundlos erfolgt.
Eine (einseitige) Verweigerung von Nachkommen ist als Scheidungstatbestand nur dann relevant, wenn die Verweigerung vorwerfbar ist und zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geführt hat.
Die Scheidung wegen ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens spielt in der Praxis eine sehr untergeordnete Rolle und wird aus Gründen der Übersicht an dieser Stelle nicht dargestellt. Bei Informationsbedarf wird eine kostenlose Erstberatung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt empfohlen.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann, obwohl ein Ehegatte etwa eine schwere Eheverfehlung begangen hat, das Scheidungsrecht ausgeschlossen sein. Dies insbesondere unter den folgen Voraussetzungen:
Das Recht auf Scheidung wegen Verschuldens kann nicht geltend gemacht werden, wenn etwa eine schwere Eheverfehlung verziehen wird. Dabei wird auf das Verhalten des verletzten Ehegatten abgestellt. Wenn der verletzte bzw. gekränkte Ehegatte durch sein Gesamtverhalten zum Ausdruck bringt, dass er das als Eheverfehlung empfundene Fehlverhalten seines Ehepartners nicht mehr als solches betrachtet und sich daher vorbehaltlos bereit zeigt, mit ihm die Ehe fortzusetzen, wird angenommen, er habe die Verfehlung verziehen.
Achtung: Eine Verschuldensscheidungen kommt dann nicht mehr in Betracht!
Ein ehewidriges Verhalten wird nicht als Eheverfehlung gewertet, wenn es sich um eine entschuldbare Reaktionshandlung auf das Verhalten des anderen Ehegatten handelt. Von einer entschuldbaren Reaktionshandlung spricht man, wenn sich ein Ehepartner als unmittelbare Folge eines grob ehewidrigen Verhaltens des anderen dazu hinreißen lässt, in einer verständlichen und nachvollziehbaren Gemütsbewegung, die die Zurechnung seines Handelns als Verschulden ausschließt, eine Eheverfehlungen zu setzen. Die Reaktionshandlung muss dabei in einem angemessenen Verhältnis zum vorausgegangenen, ehewidrigen Verhalten des Partners stehen, um als entschuldbare Reaktionshandlung gewertet zu werden.
Das Recht auf Scheidung wegen Verschuldens erlischt, wenn der Ehegatte nicht binnen sechs Monaten die Klage erhebt! Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Scheidungsgrundes.
Sie läuft zwar nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist (etwa wenn der verletzte bzw. gekränkte Ehegatte nach einer schweren Eheverfehlung berechtigter Weise die Wohnung verlassen hat). Fordert der schuldige Ehegatte den anderen jedoch auf, die Gemeinschaft wieder herzustellen oder die Klage auf Scheidung zu erheben, so läuft die Frist ab Empfang der Aufforderung.
Ohne eine besondere Eheverfehlung einer der Ehegatten kann jeder der Beiden wegen tiefgreifender unheilbarer Zerrüttung der Ehe deren Scheidung begehren, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit mindestens drei Jahren aufgehoben ist. Voraussetzung ist, dass das Gericht feststellt, dass die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist.
Nach einer sechsjährigen Trennung der Ehegatten wird vom Gericht die tiefgreifende unheilbare Zerrüttung der Ehe ohne weitere Prüfung angenommen. Eine Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ist jedenfalls zulässig.
Wichtig: In der Rechtsprechung wird unter häuslicher Gemeinschaft die intakte Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft verstanden. Erst wenn alle drei Voraussetzungen weggefallen sind, wird von einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft gesprochen.
Nach einer sechsjährigen Trennung der Ehegatten wird vom Gericht die tiefgreifende unheilbare Zerrüttung der Ehe ohne weitere Prüfung angenommen. Eine Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ist jedenfalls zulässig.